Betreff
Grundsatzbeschluss zur Errichtung einer gemeinsamen Kommunalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Landkreis Wolfenbüttel.
Vorlage
SG-X/242/2020
Art
Beschlussvorlage Samtgemeinde

Sachverhalt:

Wirtschaftsförderung ist in der Regel eine Aufgabe der Hauptverwaltungsbeamten der kreisangehörigen Gemeinden und Samtgemeinden. Eine regelmäßige Aufgabenwahrnehmung selbst nur in Form einer reinen Bestandspflege der Unternehmen ist zeitlich kaum möglich. Die Stadt Wolfenbüttel bildet hier eine Ausnahme; sie verfügt über eine eigene Stelle in der Wirtschaftsförderung.

 

Auf Kreisebene ist die Wirtschaftsförderung bislang in einem Referat organisiert. Ergänzt wird die Wirtschaftsförderung durch eine gemeinsame Technologieberatung mit der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften (Ostfalia).

 

In der Gründung einer gemeinsamen „Kommunalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft“ sehen die Hauptverwaltungsbeamten der kreisangehörigen Gemeinden und Samtgemeinden die Möglichkeit, die wirtschaftlichen Entwicklungspotentiale im Kreisgebiet – auch im regionalen und überregionalen Vergleich – wesentlich zu verbessern. Durch eine aktive Ansiedlungspolitik würden die Gemeinden infolge der daraus resultierenden Arbeitsplätze deutlich attraktiver werden und sich in Form von höheren Anteilen an der Einkommenssteuer und steigenden Gewerbesteuererträgen sowohl für die Gemeinden als auch den Landkreis Wolfenbüttel rechnen.  

 

In den vergangenen Jahren wurden auf verschiedenen Ebenen Gespräche über die Neuorganisation der Wirtschaftsförderung geführt. Auch entsprechende Konzepte für die Neuaufstellung der Wirtschaftsförderung im Landkreis Wolfenbüttel wurden erarbeitet.  Dies führte in der Vergangenheit leider nicht zu substantiellen Verbesserungen.

 

In dieser Situation haben die kreisangehörigen Kommunen mit Ausnahme der Stadt Wolfenbüttel, die wie eingangs erwähnt über eine eigene Wirtschaftsförderung verfügt, beschlossen, einen eigenen Weg zu beschreiten. Im Jahr 2018 hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, die in enger Abstimmung mit den Hauptverwaltungsbeamten und unter Maßgabe der politischen Beschlüsse die Gründung einer gemeinsamen kommunalen Wirtschaftsförderung vorbereiten sollte. Die beigefügte Projektskizze bildet das Ergebnis der Arbeitsgruppe ab.

 

Aus der Projektskizze geht der einvernehmliche Wille der an der Arbeitsgruppe beteiligten Gemeinden und Samtgemeinden hervor, mittels eines Grundsatzbeschlusses den Gründungsprozess nunmehr zu initiieren.

 

Rechtliche Rahmenbedingungen

 

a)    Gemäß § 136 Abs. 1 NKomVG dürfen Kommunen sich zur Erledigung ihrer Angelegenheiten wirtschaftlich betätigen. Hierzu darf ein Unternehmen errichtet werden, wenn und soweit

  • der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt,
  • das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis
    • zur Leistungsfähigkeit der Kommune und
    • zum voraussichtlichen Bedarf steht und
  • der öffentliche Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder werden kann.

 

Öffentlicher Zweck der geplanten Errichtung einer „Kommunalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft“ sind die Bestandspflege der Unternehmen vor Ort, die Hilfestellung bei Existenzgründung und Unternehmensnachfolge, die Ansiedlungsförderung, die Projektbearbeitung und - begleitung bei der Bereitstellung bedarfsgerechter Infrastruktur, die Hilfestellung bei der Nachnutzung ehemaliger Gewerbestandorte sowie die Bereitstellung von (wirtschaftlichen) Angeboten der Daseinsvorsorge.

 

Der Bereich „Tourismus“ wird nicht Aufgabenbestandteil der Gesellschaft, da dieser bereits umfassend über den gemeinsamen Tourismusverband „Nördliches Harzvorland“ abgedeckt wird.

 

Die Innovationsberatung sollte weiterhin über den Wissens- und Technologietransfer zwischen dem Landkreis Wolfenbüttel und der Ostfalia abgedeckt werden. Hier wird eine partnerschaftliche Zusammenarbeit angestrebt und erwartet.

 

Die derzeit eingeschränkte finanzielle Leistungsfähigkeit der Samtgemeinde Oderwald als Bedarfszuweisungsgemeinde steht der vorgeschlagenen Realisierung nicht entgegen, da sowohl die Gründungskosten als auch die laufenden Personal- und Sachkosten sich durch die Anzahl der künftigen Gesellschafter auf alle verteilen. Die laufenden Kosten betragen im Anlaufjahr 2020 geschätzt 15.000 € und in den nachfolgenden Jahren jeweils 25.000 € für die Samtgemeinde Oderwald.

Diese Summen stellen nur einen geringen Prozentsatz im Verhältnis zu den Gesamtein- und -auszahlungen dar und es sind keine Schlechterstellungen für den Haushalt der Samtgemeinde und seine Leistungsfähigkeit zu erwarten.

 

Die personelle Leistungsfähigkeit der Samtgemeinde Oderwald würde nicht eingeschränkt werden, da die notwendigen Leistungen der Errichtung, des Betriebs und der kaufmännischen Begleitung innerhalb der Gesellschaft erbracht werden.

 

Dass der öffentliche Zweck im angestrebten Preissegment nicht besser und wirtschaftlicher erfüllt wird oder werden kann, liegt an der Eigenart der Aufgabe „Wirtschaftsförderung“.

 

b)    Gemäß § 137 Abs. 1 NKomVG darf die Samtgemeinde Oderwald ein Unternehmen nur dann errichten, wenn neben den unter a) genannten Voraussetzungen weitere Bedingungen erfüllt sind.

 

Hierzu muss eine Rechtsform gewählt werden, die die Haftung der Samtgemeinde Oderwald auf einen bestimmten Betrag begrenzt. Durch die vorgeschlagene Rechtsform der „Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)“ ist das Kriterium erfüllt.

 

Weiterhin müssen die Einzahlungsverpflichtungen (Gründungskapital, laufende Nachschüsse) in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Samtgemeinde Oderwald stehen. Es wird insoweit auf die bereits unter a) gemachten Ausführungen verwiesen. Eine deutlich verbesserte Wirtschaftsförderung lässt in Zukunft Haushaltsverbesserungen u.a. durch höhere Gewerbesteuererträge bei den Mitgliedsgemeinden und dadurch eine steigende Samtgemeindeumlage erwarten. Ihre Leistungsfähigkeit wächst und erleichtert die Finanzierung der Folgekosten. Aber dazu muss die Samtgemeinde zunächst in Vorleistung treten. Es ist der Abschluss eines Finanzierungsvertrages über zunächst fünf Jahre beabsichtigt. Die finanzielle Beteiligung ist damit überschaubar.

 

Das Volumen des vorgesehenen Gründungskapitals liegt bei ca. 25.000 € zuzüglich der Gründungskosten (Notariat, Handelsregister, Stellenausschreibungen, Steuerberatung usw.). Bei einer gleichmäßigen Beteiligung der Gemeinden Cremlingen und Schladen-Werla sowie der Samtgemeinden Baddeckenstedt, Elm-Asse, Oderwald und Sickte läge die Quote bei jeweils 16,66 %. Diese kann sich, wenn der Landkreis Wolfenbüttel ebenfalls der Gesellschaft beitreten würde, entsprechend verändern.

 

Eventuelle Nachschussverpflichtungen zeichnen sich derzeit nicht ab. Das Risiko wird als gering beurteilt, da alle künftigen Gesellschafter durch die jährliche Beteiligung an den laufenden Kosten für eine auskömmliche und aufgabenbezogene Ausgestaltung sorgen wollen.

 

Des Weiteren darf die Gemeinde sich nicht zur Übernahme von Verlusten in unbestimmter oder unangemessener Höhe verpflichten. Dies ist durch die Wahl der Rechtsform gegeben.

 

Durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags ist sicherzustellen, dass der öffentliche Zweck des Unternehmens erfüllt wird. Hier ist es Aufgabe der Arbeitsgruppe, einen Entwurf des Gesellschaftsvertrags zu erarbeiten, der die Zielrichtung des Unternehmens klar umreißt und den öffentlichen Auftrag benennt.

 

Die Samtgemeinde Oderwald muss einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan, erhalten und dieser muss durch Gesellschaftsvertrag, durch Satzung oder in anderer Weise gesichert werden. Auch dies wird in einem vorzulegenden Entwurf eines Gesellschaftsvertrags berücksichtigt. Der Anteil der Samtgemeinde Oderwald an dem Unternehmen liegt gegenwärtig bei 16,66 %. Dieser Anteil schlägt sich bei der Bemessung der Stimmen in der Gesellschafterversammlung und im Aufsichtsrat nieder.

 

Auch die Verpflichtung, bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags darauf hinzuwirken, dass der Samtgemeinde das Recht eingeräumt wird, Mitglieder in einen Aufsichtsrat zu entsenden, soll durch die Regelungen im Gesellschaftsvertrag gewahrt werden.

 

Die Voraussetzung, dass eine Kommune sich bei Einrichtungen nach § 136 Abs. 3 NKomVG, wenn sie über die Mehrheit der Anteile verfügt, ein Letztentscheidungsrecht in allen wichtigen Angelegenheiten dieser Einrichtungen zu sichern hat, trifft bei dem zu errichtenden Unternehmen nicht zu. Es liegt kein Unternehmen im Sinne des § 136 Abs. 3 NKomVG vor.

 

Schließlich muss im Gesellschaftsvertrag sichergestellt sein, dass die Samtgemeinde zur Konsolidierung des Jahresabschlusses des Unternehmens mit dem eigenen kommunalen Jahresabschluss zu einem konsolidierten Gesamtabschluss nach §§ 128 Abs. 4 bis 6 und 129 NKomVG alle für den konsolidierten Gesamtabschluss erforderlichen Unterlagen und Belege des Unternehmens so rechtzeitig vorgelegt werden, dass der konsolidierte Gesamtabschluss innerhalb von sechs Monaten nach Ende des Haushaltsjahres aufgestellt werden kann. Hierzu sind entsprechende Regelungen in den vorzulegenden Entwurf des Gesellschaftsvertrags einzuarbeiten.

 

Mitgesellschafter

 

Die Errichtung eines solchen Unternehmens sollte nach Möglichkeit auf die Schultern mehrerer Gesellschafter verteilt werden. Hierzu haben in der Vergangenheit immer wieder Gespräche im Kreise der Hauptverwaltungsbeamten stattgefunden. Die Gemeinden Cremlingen und Schladen-Werla sowie die Samtgemeinden Baddeckenstedt, Elm-Asse, Oderwald und Sickte haben sich zur gemeinsamen Wahrnehmung der Wirtschaftsförderung unter neuen Rahmenbedingungen bekannt. Sie werben ebenfalls dafür, den Landkreis Wolfenbüttel als Gesellschafter einzubinden oder zumindest für eine finanzielle Beteiligung an dieser Gemeinschaftsaufgabe zu gewinnen. Am 20.11.2019 wurde Frau Landrätin Christiana Steinbrügge dieses Angebot unterbreitet und ein Antrag übergeben. Sie hat angekündigt, dass sie im Kreistag Wolfenbüttel darum werben wird, dass sich auch der Landkreis Wolfenbüttel an der kommunalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft beteiligen wird.

 

Die heutige Situation ist die Entwicklung eines Zeitraums mehrerer Jahre. Sie ist einerseits von einer gewissen Unzufriedenheit über das bisher Erreichte geprägt, andererseits aber auch von dem Willen getragen, in gemeinsamer Verantwortung den Landkreis Wolfenbüttel und seine Gemeinden und Samtgemeinden zukunftsfähiger auszurichten.

 

Ausblick

 

Der weitere gedachte Verlauf auf Seiten der künftigen Gesellschafter gestaltet sich wie folgt:

·         In die Haushaltspläne des Jahres Jahre 2020 werden Mittel für den Gründungsprozess bereitgestellt.

·         In die Haushaltspläne der Jahre 2020 ff. werden Mittel für die Kostenbeteiligung an der zu gründenden Gesellschaft bereitgestellt.

·         Die Gespräche mit dem Landkreis Wolfenbüttel, um diesen als Gesellschafter einzubinden oder zumindest für eine finanzielle Beteiligung an dieser Gemeinschaftsaufgabe zu gewinnen, sind vielversprechend.

·         Die Gründung der neuen „Kommunalen Gesellschaft“ soll zum 01.10.2020 erfolgen.

·         Die Kommunalaufsicht wird in den Prozess eingebunden, um eine möglichst frühzeitige Genehmigung für die Unternehmensgründung zu erhalten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Beschlussvorschlag:

Der Samtgemeinderat wird gebeten, folgenden Beschluss zu fassen:

·         Der Samtgemeindebürgermeister wird beauftragt, mit den Gemeinden Cremlingen, Schladen-Werla und den Samtgemeinden Baddeckenstedt, Elm-Asse und Sickte sowie ggf. dem Landkreis Wolfenbüttel die notwendigen Vorbereitungen zur Gründung einer gemeinsamen Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit beschränkter Haftung zum nächstmöglichen Zeitpunkt, voraussichtlich zum 01.10.2020, zu treffen.

 

·         Das von der Samtgemeinde Oderwald in die Gesellschaft einzubringende Stammkapital einschließlich Gründungskosten wird auf 10.000 € festgesetzt und im Haushalt 2020 unter dem Konto 57100.784300 (Wirtschaftsförderung, Erwerb Anteilsrechte) zur Verfügung gestellt. Weiterhin werden unter dem Konto 57100.431800 (Wirtschaftsförderung, Zuschüsse übrige Bereiche) im Haushaltsjahr 2020 15.000 € sowie in den nachfolgenden Jahren jeweils 25.000 € zur Beteiligung an den jährlichen Personal- und Sachkosten zur Verfügung gestellt.

 

·         Der Samtgemeindebürgermeister wird beauftragt, gemeinsam mit den künftigen Gesellschaftern einen Gesellschaftsvertrag zu erarbeiten und diesen zur Beschlussfassung vorzulegen.

 

·         Der Samtgemeindebürgermeister wird beauftragt, der Kommunalaufsicht des Landkreises Wolfenbüttel die beabsichtigte Errichtung einer „Kommunalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft“ gemäß § 152 Abs. 1 Nr. 1 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) anzuzeigen, um den notwendigen Genehmigungsprozess zu verkürzen.

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

Produktsachkonto:                      Ergebnishaushalt                           Finanzhaushalt

                                                    57100.431800                               57100.731800 / 784300

Mittel stehen zur Verfügung:       ja –im Entwurf geplant-

Gesamtausgaben:                      15.000 €                                              15.000 €  /  10.000 €

Jährliche Folgekosten:                25.000 €

Jährliche Abschreibungen: