Betreff
Resolution zum Thema Fracking im Landkreis Wolfenbüttel und Antragstellung beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) auf die Beteiligung am weiteren Verfahren
Vorlage
O-XVII/011/2012
Art
Beschlussvorlage Ohrum

Sachverhalt:

Die BNK Petroleum Inc. plant noch in diesem Jahr bei der LBEG Hannover (Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie) für das Gebiet Wolfsburg-Braunschweig-Gifhorn-Wolfenbüttel eine Betriebserlaubnis zur Durchführung von seismischen Arbeiten für die Aufsuchung von Schiefererdgas zu beantragen. Eine Erlaubnis für die Erkundung eines Aufsuchungsfeldes besteht hierfür bereits seit dem 01.01.2010. Die Aufsuchung einer Lagerstätte dient der Feststellung der Eignung für eine spätere Gewinnung von Erdgas. Bei Aufsuchungsbohrungen werden in der Regel grundwasserführende Schichten durchstoßen. Bereits bei Aufsuchungsbohrungen können Fracking - Verfahren (Um den Gasfluss hin zum Bohrloch zu stimulieren und damit eine Förderung wirtschaftlich zu ermöglichen, werden sogenannte „Fracs gepumpt". Dazu wird das einzementierte Steigrohr im Bereich der Lagerstätte mit Löchern mit einem Durchmesser von 30 bis 40 mm perforiert. Durch diese Löcher wird dann unter hohem Druck (bis zu 1.000 bar im Lagerstättenbereich) ein Gemisch aus Wasser, Quarzsand und chemischen Additiven in das umlagernde Gestein gepresst. In der Folge des hohen hydraulischen Drucks werden Risse im Gestein erzeugt und die gewünschten Wegsamkeiten für einen besseren Gasfluss geschaffen. Die erzielten Rissflächen können eine horizontale Länge von ca. 100 Metern und eine vertikale Ausdehnung von einigen Zehner Metern erreichen.) eingesetzt werden. Erste Untersuchungen im Gebiet sollen schon im Herbst 2012 durchgeführt werden. Aufgrund dieser Untersuchungen soll ein weiterer Betriebsplan eingereicht werden, damit Anfang 2014 eventuelle Erkundungsbohrungen und Fördertests vorgenommen werden können.

Wie mit Datum vom 23.03.2012 durch ein Gespräch mit dem LBEG bekannt geworden ist, wurden bereits zwei weitere Aufsuchungsgebiete im Raum Wolfenbüttel durch die LBEG bewilligt, welche zusammen mit dem Aufsuchungsgebiet „Wolfsburg“,  die gesamte Region bis nach Goslar überdecken:

1. Gebiet „Rautenberg“, bewilligt mit Bescheid vom 01.05.2006, Antragssteller ist die RWE-DEA

 

2. Gebiet „Wolfenbüttel“, bewilligt mit Bescheid vom 15.03.2009, Antragssteller ist die
Wintershall-Holding GmbH.

Nach vorläufiger Aussage des Landkreises Wolfenbüttel ist dieser in beiden o. g. Fällen nicht beteiligt worden, da hier keine wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigungen notwendig waren. Eine darüber hinausgehende fachliche Beteiligung des Landkreises ist durch das Bergrecht nicht vorgesehen. Daher sind diese Tatsachen auch der Gemeinde Cramme bis dato nicht bekannt gewesen. Inwiefern andere Behörden (Bundesamt für Strahlenschutz bzw. LBEG als ehemals zuständige Behörde für die Asse - Schachtanlage oder das Nds. Umweltministerium) beteiligt worden sind, ist nicht bekannt, aber aufgrund der eingeschränkten Beteiligungsvorschriften des Bundesberggesetzes (BBergG) eher unwahrscheinlich.

 

In Sachsen-Anhalt wurde der Firma BNK Petroleum Inc. Ende 2011 die Aufsuchungserlaubnis für das Aufsuchungsfeld „Harz-Börde“ (Magdeburg) erteilt.

 

Risiken (nicht abschließend aufgeführt)

 

·         hoher Wasserbedarf

 

·         hohe Lärm- und Luftemissionen

 

·         Einsatz von (u. a. wassergefährdenden) Chemikalien als Additive beim Fracking

 

·         Risiken für das Grundwasser bestehen durch die Lagerung wassergefährdender Chemikalien, durch die Bohrung selbst, durch die Erzeugung von Wegsamkeiten (Risse) im Untergrund (Gebirge) und – letztendlich ebenso für Böden und Oberflächengewässer – bei der Entsorgung der Fracking-Fluide und des zu Tage geförderten Lagerstätten-wassers. Das Lagerstättenwasser wird aufgrund der in ihm vorkommenden natürlichen radioaktiven Substanzen als wassergefährdend eingestuft. (s. Vorfälle in Verden (Bodenvergiftung durch Benzol aufgrund Austritt von Leitungswasser) und Söhlingen (Erdbeben der Stärke 3)).

 

·         Möglichkeit der Entweichung von Erdgas in einen Grundwasserleiter

 

·         Möglichkeit von Erdstößen

 

Eine groß angelegte wissenschaftliche Untersuchung über die Folgen von Fracking gibt es in Deutschland nicht, obwohl die Gewinnung von konventionellem Erdgas auch hier und primär in Niedersachsen seit einigen Jahren durchgeführt wird. Hierbei sind aber zunächst große Vorkommen in weniger besiedelten Bereichen gewonnen worden. Da diese Vorkommen nun mittlerweile fast ausgeschöpft sind, sollen nun die schwerer zugänglich unkonventionellen Erdgasvorkommen erschlossen werden.

 

Verfahren

Schiefererdgase gelten als Bodenschätze. Die Zuständigkeit für Bodenschätze liegt beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Die zuständigen Landesbergämter wenden Verfahren auf Grundlage des Bergrechtes an: Für die Aufsuchung von Bodenschätze wie z.B. Kohlenwasserstoffe nebst den bei ihrer Gewinnung anfallenden Gasen (Schiefererdgas) ist eine Erlaubnis nach § 7 BBergG erforderlich, d. h. die Gewährung des ausschließlichen Rechts in einem Erlaubnisfeld vorhandene Bodenschätze aufzusuchen. Außerdem ist ein Betriebsplanver-fahren zur Aufsuchung notwendig für die Erkundung des Gebietes. Ein weiteres Betriebsplanver-fahren wird mit der Antragsstellung der Gewinnung des Gases (Fracking) durchgeführt. Die Beteiligung der Unteren Wasserbehörden (hier: Landkreis Wolfenbüttel) mit Hinblick auf die notwendige wasserrechtliche Erlaubnis erfolgt erst beim eigentlichen Fracking-Verfahren, also hier erst 2014. Es findet keine Anhörung im rechtlichen Sinn von zuständigen kommunalen Umweltämtern statt. Selbst die betroffenen Kommunen werden nur dann beteiligt, sollte ihre Planungshoheit betroffen sein, was theoretisch nur in Ausnahmefällen vorliegt, praktisch nie. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), welche im Vorfeld alle eventuell umweltgefährdenden Aspekte überprüfen würde, ist im Bergrecht nur bei einem Abbauvolumen von über 500.000 Kubikmetern/Tag vorgesehen. Diese Fördersumme ist aufgrund der verhältnismäßig kleinen Aufsuchungsfelder der Bundesrepublik unerreichbar.

In allen Gebieten der Bundesrepublik Deutschland, welche weder Wasser- oder Naturschutzgebiete, noch Bergbaugebiete im Sinne von Kohleabbaulagern sind, sind Explorationsbohrungen nach Erdgas grundsätzlich genehmigungsfähig. Hinsichtlich der Frage, ob das Gebiet des Landkreises Wolfenbüttel aufgrund des Atommülllagers „Asse II“ als „geschütztes Gebiet“ i. S. d. Bergrechtes und dem darin enthaltenen Verbot einer Bohrung gesehen wird, ist unter diesem gesichtspunkt negativ zu beantworten. Die betroffenen Landkreiskommunen haben im Rahmen ihrer Beteiligung an dem eigentlichen Fracking-Antrag (voraussichtlich 2014) auf die Tatsachen und die Gefahren einer Bohrung bzw. der Auswirkung eines möglichen Erdstoßes auf das Asse-Gebiet hinzuweisen. Dieser Hinweis wird als ein einer von vielen im Rahmen der Abwägung betrachtet. Eine Beteiligung des niedersächsischen Umweltministeriums als Fachministerium/Oberste Wasserbehörde bzw. das Bundesamtes für Strahlenschutz als Betreiber der Asse-GmbH ist nicht vorgesehen.

Eine Handlungsempfehlung des Umweltbundesamtes für das Ministerium für Umwelt wird im Sommer 2012 auf die Missstände hinweisen. Auf deren Grundlage soll vom Ministerium für Umwelt im Bundesrat ein Gesetzesänderungsverfahren vorgeschlagen werden. Mit dem notwendigen Gesetzesänderungsverfahren dürfte aber erst in der nächsten Legislaturperiode zu rechnen sein.

Mit Hilfe der Resolution soll nicht nur regional, sondern auch landes- und bundesweit auf die o. g. Tatsachen aufmerksam gemacht werden.

 


Beschlussvorschlag:

Der Rat der Gemeinde wird gebeten, folgende Beschlüsse zu fassen:

 

1.    Die Beteiligung am Verfahren wird beim LBEG beantragt.

2.    Die Gemeinde Ohrum lehnt mit Nachdruck das sogenannte Fracking-Verfahren zur Erdgasgewinnung beziehungsweise –förderung, oder zur Suche nach Erdgasvorkommen ab. Der Rat stellt fest, dass der Einsatz wassergefährdender chemischer Substanzen für die Gewinnung von Erdgas nicht hinnehmbar ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob es um den Einsatz in, an oder abseits von Wasserschutzgebieten geht. Aufgrund der bestehenden Unsicherheiten bei der Atommülllagerstätte „Asse II“, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindet, müssen die zu befürchtenden geologischen und hydrogeologischen Auswirkungen durch das Fracking-Verfahren mit wesentlich schlimmeren Befürchtungen verbunden werden, als in anderen Bereichen.

Der Rat der Gemeinde Ohrum fordert daher die Niedersächsische Landesregierung auf,

 

·          das Niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) anzuweisen, das bei der Erdgasförderung umstrittene Fracking-Verfahren bis auf weiteres – sowohl in Bezug auf die Erlaubnis zur Aufsuchung von Erdgaslagerstätten als auch deren Förderungsbewilligung – auszusetzen und entsprechende Anträge im Hinblick auf das öffentliche Interesse abzulehnen,

·          sich bei der Bundesregierung sowie im Bundesrat durch eine Bundesratsinitiative für eine Änderung des veralteten Bergrechtes dahingehend einzusetzen, dass künftig bei allen bergrechtlichen Verfahren zum Fracking – beginnend bereits vor der Aufsuchungserlaubnis – neben einer Beteiligung aller betroffenen Gemeinden, Wasserbehörden und Wasserversorgungsunternehmen mit diesen auch das Einvernehmen hergestellt werden muss,

·          eine umfassende Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, die auch lückenlose Informationen über die verwendeten Stoffe sowie die möglichen Risiken beinhaltet, zu gewährleisteten,

·         eine generelle Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen.

 


Finanzielle Auswirkungen:  Keine

Produktsachkonto:                    Ergebnishaushalt                        Finanzhaushalt

                                                    xxxxx-xxxxx-xxxxxx                        xxxxx-xxxxx-xxxxxx

Mittel stehen zur Verfügung:     ja/nein

Gesamtausgaben:                   

Jährliche Folgekosten:

Jährliche Abschreibungen: