Sachverhalt:

In jüngster Vergangenheit haben in den Einzugsgebieten von Oker und Innerste starke und dauernde Niederschläge vermehrt zu Hochwasserereignissen geführt. Weite, teilweise bebaute Flächen wurden überschwemmt – mit nicht unerheblichen wirtschaftlichen Schäden.

Betroffen sind vor allem die Gebiete der

 

-                     Samtgemeinde Baddeckenstedt

-                     Samtgemeinde Lutter

-                     Gemeinde Liebenburg

-                     Stadt Langelsheim

-                     Stadt Wolfenbüttel

-                     Samtgemeinde Oderwald

-                     Samtgemeinde Schladen und der

-                     Stadt Vienenburg.

 

Im Rahmen eines interkommunalen Projektes „Integriertes Hochwasserschutzkonzept“, anknüpfend an das „Integrierte Ländliche Entwicklungskonzept Nördliches Harzvorland (ILEK)" sollte eine überörtlich ausgerichtete Hochwasserschutzstrategie erarbeitet, konkretisiert und weitergehend installiert werden. Gegenüber herkömmlichen Ansätzen verspricht dieses neue Konzept vor allem durch die flussgebietsbezogene Bearbeitung über kommunale Grenzen hinweg, die Fokussierung auf besonders gefährdete, innerörtliche Bereiche und die Einbettung in die Umsetzung der entsprechenden EU-Hochwasserrahmenrichtlinie eine optimale Wirksamkeit. Ziel ist die Entwicklung intelligenter Lösungen zum technischen Hochwasserschutz und Maßnahmen zur Hochwasservorsorge durch zielgerichtete, ganzheitliche, flussgebietsbezogene und interkommunale Projektbearbeitung. Aufgrund des Modellprojektes für überregionalen Hochwasserschutz und der landesweiten Vorbildfunktion ist durch das Land Niedersachsen der Höchstfördersatz von 80% für die Ausarbeitung dieses Konzeptes zugesagt worden. Für die Durchführung des Projekts bilden die beteiligten Kommunen eine Projektgemeinschaft. Die Trägerschaft liegt flussgebietsbezogen bei der Stadt Wolfenbüttel für die Oker und dem Wasserverband Peine (WVP) für die Innerste.

 

zu 1.

 

Die Auswertungen der vergangenen Hochwasserereignisse haben ergeben, dass schwerwiegende Auswirkungen vornehmlich aus der Überlagerung der verschiedenen Hochwasserwellen vom Hauptfluss und seinen Nebengewässern resultieren, d. h. wenn Hochwasserwellen in Ortslagen aufeinandertreffen oder wenn es durch Hochwasser in der Oker zu Rückstaueffekten in den Nebenflüssen kommt. Diese Hochwasserwellen können bei entsprechenden Rahmenbedingungen (bspw. durch Bodenfrost, Schneeschmelze und Starkregen) immer auftreten und sind nicht allein durch den Gewässerausbau verursacht – wie dies auch Hochwasserereignisse aus vorindustrieller Zeit verdeutlichen.

 

Das primäre Ziel für das Integrierte Hochwasserschutzkonzept (HWS-Konzept) war daher, Hochwasserereignissen zu entzerren und die einzelnen Hochwasserwellen im Okersystem so zu steuern, dass sie nicht in Ortslagen kumulieren: Dies erfordert die Schaffung von Retentionsräumen an den einzelnen Flüssen und die Koordinierung der Flutung bzw. des Ablaufs dieser Retentionsräume.

 

Im Rahmen des „Integrierten HWS-Konzeptes Nördliches Harzvorland Teilbereich 1 Oker“ wurde das gesamte Flusssystem der Oker mit ihren Nebengewässern daraufhin untersucht, in welchen Bereichen die Gewässersituation und das Gelände Möglichkeiten für eine Retention eröffnen. In diesem ersten Suchverfahren sind durch das beauftragte Ingenieurbüro Fugro im Maßnahmenrahmenplan Standorte ermittelt worden, die sich hierfür grundsätzlich eignen. Die auf regionalem Gebiet insgesamt 65 Standorte wurden in einem weiteren Untersuchungsschritt zunächst rein qualitativ hinsichtlich Nutzen, Aufwand und möglicher naturschutz- oder wasserrechtlicher Konflikte untersucht. Von dem Steuerkreis, bestehend aus den Bürgermeistern der beteiligten Gemeinden bzw. Samtgemeinden oder deren Vertretern, sind daraufhin 15 Maßnahmen im Kooperationsraum herausgefiltert und als zunächst primäre Maßnahmen bewertet worden. Für diese 15 Standorte wurde im April eine informelle Abfrage im Raum der Oker und entsprechend im Bereich der Innerste durchgeführt, in der alle betroffenen Träger öffentlicher Belange (Kommunen, Behörden, Verbände) zur Bewertung der Maßnahmen und Stellungnahme aufgefordert wurden. Die eingegangen Hinweise und deren entsprechende Abwägung sind in dem Konzept integriert und berücksichtigt worden. Mit dem integrierten Ansatz werden neben dem technischen Hochwasserschutz insgesamt auch Maßnahmen des natürlichen Rückhalts, wie etwa Auenentwicklung und die Wiederanbindung von Altarmen sowie organisatorische Maßnahmen der Hochwasservorsorge verfolgt.

 

zu 2.

 

Im Hinblick auf die Ergebnisse der Stellungnahmen wurden vom Steuerkreis acht Objekte benannt, für die das Ingenieurbüro Fugro im dritten Schritt eine konkrete Kosten- und Nutzenberechnung erstellte. Aus diesen wurden fünf Pilotmaßnahmen ausgewählt, mit denen die Umsetzung des HWS-Konzeptes eingeleitet werden soll:

 

-                     Hochwasserrückhaltebecken Wendessen

-                     Hochwasserrückhaltebecken Börßum

-                     Polder Schladen

-                     Hochwasserrückhaltebecken Bettingerode

-                     Hochwasserrückhaltebecken Vienenburg

 

Für die Samtgemeinde Oderwald ist die Schaffung eines Retentionsbeckens östlich von Börßum vorgesehen. Es wird eine Verengung des Durchlasses unter der Kreisstraße 615 vorgesehen, wodurch die Fläche östlich der Kreisstraße begrenzt durch den südlich gelegenen ehemaligen Bahndamm geflutet werden kann. Durch diese Maßnahme würde der Ort Börßum vor Überschwemmungen geschützt werden. Darüber hinaus bedarf eine Umsetzung der Maßnahme der Zustimmung der betroffenen Grundeigentümer. Letzteres erfolgt allgemein über Entschädigungsverträge, die einen Ausgleich im Fall von Überflutungen und Einkommensausfall regeln. Hierzu wurden bereits Abstimmungen mit der Landwirtschaftskammer Braunschweig eingeleitet.

 

Ein Sonderproblem für die Oker ergibt sich durch die Ilse, die aus Sachsen-Anhalt zufließt und die Wassermenge in der Oker praktisch verdoppelt. Hierzu ist eine Abstimmung mit den dortigen Landesbehörden eingeleitet und eine Einbindung in das HWS-Management vorbereitet worden.

 

Diese Maßnahmen sind als erste Schritte zu verstehen, die Hochwasserproblematik an der Oker und ihren Nebengewässern zu verringern. Sie wurden so gewählt, dass sie kurzfristig die Gefährdung durch Hochwasser für die angrenzenden Ortslagen merklich verringern können und insgesamt eine Maßnahme im Oberlauf der Oker die jeweils südlichen Anrainer hinsichtlich des Wasseraufkommens entlasten. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt auch mit dem Ziel, die dann rechnerisch hochwasserfreien Flächen aus den jeweiligen Überschwemmungsgebieten heraus nehmen zu lassen und die damit sonst verbundenen Restriktionen gem. § 78 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) auszuheben.

 

zu 3.

 

Die Genehmigungsplanung und spätere Umsetzung der prioritären Maßnahme an der Hasenbeeke in Börßum soll durch das Landesförderprogramm „Hochwasserschutz im Binnenland“ mitfinanziert werden. Deren Beantragung hat zum einen zum 15.10.2012 und zum anderen, bei entsprechender Aufnahme in das Förderprogramm, zum Frühjahr 2013 zu erfolgen. Aufgrund dessen, dass die Geschäftsführerrolle der Stadt Wolfenbüttel für den Bereich der Oker mit Abrechnung des Projektes zum Ende des Monats September bzw. Oktober 2012 endete, soll der zukünftige Träger der Aufgaben, nämlich der WVP, die Beantragung der Mittel für alle den Bereich Oker priorisierenden Maßnahmen im Alternativfall übernehmen. Über die von der Samtgemeinde Oderwald für die Projekte anteilig bereitzustellenden Mittel bzw. für die Maßnahme Börßum voll zu übernehmende Kosten ist im Zuge der Haushaltsberatungen 2013 zu entscheiden

 

zu 4. und 5.

 

Bereits das gemeinsame Projekt „Integriertes Hochwasserschutzkonzept Nördliches Harzvorland“ orientierte sich statt an Gemeindegrenzen bewusst an hydrologischen Rahmenbedingungen, um den Gefahren und Herausforderungen durch zukünftige Hochwasserereignisse effektiver begegnen zu können. Der Auftrag „Schutz vor Hochwassergefahr“ wird interkommunal und überregional interpretiert und aktiv wahrgenommen. Die Hochwasserpartner beabsichtigen die Fortführung der erfolgreichen Zusammenarbeit über die Erstellung eines Konzeptes zum Integrierten Hochwasserschutz im Nördlichen Harzvorland hinaus bis hin zur Umsetzung der entwickelten ganzheitlichen Hochwasserschutzstrategie. Die verschiedenen Maßnahmen sollen zukünftig zentral koordiniert und gesteuert werden. Für die Umsetzung und Steuerung wird von dem Steuerkreis und der Verwaltung die Übertragung an den WVP als sachkompetenten Dritten empfohlen, welcher als Körperschaft des öffentlichen Rechts bereits für weitere Kommunen die Aufgabenerledigung bündelt. Hierdurch soll in einer Hochwasserpartnerschaft möglichst über das Samtgemeindegebiet hinaus eine sachgerechte Aufgabenerfüllung und die Umsetzung des gemeinsamen Hochwasserschutzkonzeptes gewährleistet werden. Mit einer Übertragung der ihm im Rahmen seiner Zuständigkeit obliegenden Aufgabe des Hochwasserschutzes an den WVP wird der Hochwasserpartner Mitglied des WVP, einem Wasser- und Bodenverband nach dem Wasserverbandsgesetz. Gremien des Verbandes sind die Verbandsversammlung und der Vorstand. Die Mitglieder des bestehenden Steuerkreises sollen als Fachausschuss der Verbandsversammlung vorgeschaltet werden und dem Vorstand hinsichtlich der HWS-Konzeptes beratend zur Seite stehen. Der Übernahme neuer Aufgaben durch den Wasserverband Peine muss die Verbandsversammlung zustimmen. Mit der Aufgabenübertragung und der Mitgliedschaft erhält der Hochwasserpartner in den Grenzen des Wasserverbandes Beteiligung und Stimmrecht entsprechend der Verbandssatzung. Die mit der Aufgabenübertragung und aus den Tätigkeiten resultierenden Kosten werden durch die Hochwasserpartner nach Abzug möglicher Zuwendungen als Verbandsumlage, erstattet. Die von der Samtgemeinde Oderwald für die dortige Aufgabenübernahme an den WVP zu entrichtenden Verwaltungsgebühren betragen 2.750,00 € pro Jahr. Zum formellen Beitritt und der spezifischen Aufgabenübertragung ist ein Vertragsabschluss erforderlich.

 

Die Zuständigkeit des Hochwasserschutzes durch den WVP erstreckt sich auf das Gebiet der Samtgemeinde Oderwald.

 

Dies bedeutet, dass die bisherige Zuständigkeit der 6 Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinde Oderwald für den Hochwasserschutz endet. Hierzu ist es erforderlich, dass sämtliche Räte der 6 Mitgliedsgemeinden beschließen, die Aufgabe des Hochwasserschutzes auf die Samtgemeinde zu übertragen, damit die Samtgemeinde Oderwald als einheitlicher Vertragspartner für Ihre Mitgliedsgemeinden den Vertragsabschluss mit dem WVP abschließen kann.

 

zu 6.

 

Hinsichtlich des jetzigen Projektmanagements besteht eine Kooperationsvereinbarung mit allen an dem Projekt beteiligten Kommunen. Dies endet mit Fertigstellung des Konzeptes, also spätestens zum Ende des Jahres. Sollte sich die vorstehend dargestellte Übertragung der Zuständigkeit auf den WVP nicht oder nicht rechtzeitig herbeiführen lassen, soll die bestehende Kooperationsvereinbarung mit den beteiligten Kommunen bis zum Ende des 1. Quartales 2013 oder solange verlängert werden, bis ein entsprechender gemeinsamer Verbandsbeitritt dieser Kommunen zu dem WVP verwirklicht werden kann.


Beschlussvorschlag:

Der Rat der Samtgemeinde Oderwald wird gebeten, folgende Beschlüsse zu fassen:

1.       Das im ILE-Verbund gemeinschaftlich mit den benachbarten Gemeinden erarbeitete Integrierte Hochwasserschutzkonzept „Nördliches Harzvorland Teilbereich 1 Oker" wird als Leitbild und regionales Handlungskonzept zur Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen an der Oker beschlossen. Die Abwägungsergebnisse zu den im informellen Beteiligungsverfahren eingegangen Hinweisen werden als Grundlage der Entscheidungsfindung berücksichtigt.

2.       Der Empfehlung des Steuerkreises für den regionalen Hochwasserschutz im Nördlichen Harzvorland und der Verwaltung zur Festlegung von fünf vorrangig zu planenden Projekten in 2013 wird gefolgt. Eine dieser fünf Prioritäten betrifft die Umsetzung einer Maßnahme östlich von Börßum.

3.       Für die in der Prioritätenliste aufgeführten fünf Maßnahmen im Bereich der Oker werden durch die Verwaltung oder einer von der Samtgemeinde Oderwald beauftragten anderen Körperschaft des öffentlichen Rechts (Wasserverband) für das Haushaltsjahr 2013 Fördermittel zur Genehmigungsplanung bei dem zuständigen Fördermittelgeber Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) angefragt. Über die von der Samtgemeinde Oderwald für die Projekte bereitzustellenden Mittel ist im Zuge der Haushaltsberatungen zu entscheiden.

4.       Dem Beitritt der Samtgemeinde Oderwald zum Wasserverband Peine (WVP) hinsichtlich der Aufgabenübertragung des Hochwasserschutzes und der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen des Integrierten Hochwasserschutzkonzepts "Nördliches Harzvorland Teilbereich 1 Oker" wird zugestimmt. Der hierzu erforderliche formelle Beitritt zum WVP erfolgt in Form eines Vertragsabschlusses. Über die von der Samtgemeinde Oderwald für die dortige Aufgabenübernahme an den WVP zu entrichtenden Verwaltungsgebühren ist im Zuge der Haushaltsberatungen zu entscheiden.

5.       Dem WVP wird die Zuständigkeit des Hochwasserschutzes für das Gebiet der Samtgemeinde Oderwald übertragen. Hierzu es erforderlich, dass die Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinde Oderwald dieser Übertragung per Beschluss zustimmen.

6.       Sollte sich die vorstehend dargestellte Verbandslösung nicht oder nicht rechtzeitig herbeiführen lassen, wird der Samtgemeindebürgermeister beauftragt, die bestehende Kooperationsvereinbarung mit den an dem Integrierten Hochwasserschutzkonzept „Nördliches Harzvorland“ beteiligten Kommunen bis zum Ende des 1. Quartales 2013 oder solange zu verlängern, bis ein entsprechender gemeinsamer Verbandsbeitritt dieser Kommunen zu dem WVP verwirklicht werden kann.


Finanzielle Auswirkungen:

Produktsachkonto:                               Ergebnishaushalt                                     Finanzhaushalt

                                                                    

Mittel stehen zur Verfügung:          ja

Gesamteinnahmen:                             2013                         11.200,00 €   (beantragte Zuwendung)

                                                                     2014                           6.300,00 €   (beantragte Zuwendung)

Gesamtausgaben:                                 2013                         16.000,00 €   (Planungskosten Baumaßnahme Börßum)

                                                                     2014                           9.000,00 €   (Planungskosten Baumaßnahme Börßum)

Jährliche Folgekosten:                       2.750,00 € (Verwaltungsgebühren bei der Aufgabenübertragung auf WVP)

Jährliche Abschreibungen: