Verkehrsregelung durch örtliche Feuerwehr zur Sicherung gemeindlicher Veranstaltungen
Sachverhalt:
Der zum 18. Juli 2022 neu eingeführte § 2 Abs. 6 NBrandSchG besagt, dass
abweichend von § 36 Abs. 1 und § 44 Abs. 2 Satz 1 StVO eine Gemeinde auf
Beschluss des Rates der Gemeinde zur Sicherung von gemeindlichen
Veranstaltungen die Befugnisse für die Verkehrsregelung durch die örtliche
Feuerwehr wahrnehmen lassen kann, soweit hierfür Polizeivollzugskräfte nicht
oder nicht rechtzeitig ausreichend zur Verfügung stehen und die Wahrnehmung der
Aufgaben nach § 2 Abs. 1 NBrandSchG nicht gefährdet wird.
Mit der Regelung werden die bisherigen Befugnisse der Feuerwehr zur
Einleitung von Sicherungsmaßnahmen an Einsatzorten im öffentlichen Verkehrsraum
um die Absicherung von gemeindlichen Veranstaltungen unter bestimmten
Randbedingungen erweitert. Die Regelung dient nicht dazu, eine neue Aufgabe zu
definieren, sondern lediglich dazu, eine Rechtsgrundlage und somit
Rechtssicherheit für die bisherige Praxis der örtlichen Feuerwehren zu
schaffen, die diese Aufgabe aufgrund der Einbindung in die örtliche Gemeinschaft
und aufgrund ihrer Kenntnis bei der Absicherung von Einsatzstellen im
Verkehrsraum mit übernommen haben.
Begriff der
gemeindlichen Veranstaltungen
Unter gemeindlichen Veranstaltungen gemäß § 2 Abs. 6 NBrandSchG sind
solche zu verstehen, die aus der kommunalen Gemeinschaft heraus initiiert sind,
unabhängig davon, ob die Gemeinde selbst oder ein ortsansässiger Verein als
Veranstalter auftritt. Es muss sich dabei um öffentliche Veranstaltungen
handeln, zu denen jedermann Zutritt hat. Hierzu gehören etwa Brauchtums-,
kirchliche und ähnliche Umzüge im Straßenraum der Gemeinde. Tritt die Gemeinde
nicht selbst als Veranstalter auf, muss die Veranstaltung seitens des
Veranstalters bei der Gemeinde angezeigt werden. Der Veranstalter muss die
Gemeinde im Vorfeld informieren und deren Erlaubnis einholen. Wird diese
erteilt, so handelt es sich um eine gemeindliche Veranstaltung im Sinne des
NBrandSchG.
Nicht um gemeindliche Veranstaltungen im Sinne des § 2 Abs. 6 NBrandSchG
handelt es sich etwa bei Privatfeiern oder geschlossenen Veranstaltungen,
Veranstaltungen im nichtöffentlichen Verkehrsraum (z.B. auf einem Firmengelände
oder auf Sportplätzen) oder Veranstaltungen, die das Gebiet der Gemeinde
überschreiten, oder umfangreiche Verkehrskonzepte erfordern.
Begriff der
„örtlichen Feuerwehr“
Mit dem Begriff der „örtlichen Feuerwehr“ wird zum Ausdruck gebracht,
dass immer die kleinstmögliche Feuerwehreinheit aktiv werden soll, also -
sofern vorhanden - die örtlich zuständige Ortsfeuerwehr, die auch einen
örtlichen Bezug zur Veranstaltung hat.
Nachrangigkeit
gegenüber der Zuständigkeit der Polizei
Wie sich aus dem Wortlaut ergibt, steht der Feuerwehr die Befugnis zur
Verkehrsregelung nur nachrangig hinter der grundsätzlichen Zuständigkeit der
Polizei zu („soweit Polizeivollzugskräfte hierfür nicht ausreichend oder nicht
rechtzeitig zur Verfügung stehen“). Soweit Polizeipräsenz gegeben ist, obliegt
ihr die Verantwortlichkeit zur Verkehrsregelung. Stehen nicht ausreichend
Polizeikräfte zur Verfügung, um die Verkehrsregelung für die Veranstaltung
vollständig zu gewährleisten, kann die örtliche Feuerwehr in Abstimmung mit der
Polizei unterstützend tätig werden.
Zu beachten ist in jedem Fall, dass die Funktion der Feuerwehr als
Einrichtung zur Gefahrenabwehr trotz ihres Einsatzes zur Verkehrsregelung
gewährleistet bleiben muss.
Umfang der
Befugnisse
Die Befugnisse ergeben sich aus § 2 Abs. 6 NBrandSchG i.V.m. § 44 Abs. 2
Satz 1 und 36 Abs. 1 StVO. So ist die örtliche Feuerwehr zur Sicherung von
gemeindlichen Veranstaltungen befugt, den Verkehr durch Zeichen und Weisungen
zu regeln. Weisungen richten sich nur an einzelne bestimmte Verkehrsteilnehmer.
Zeichen richten sich an alle Verkehrsteilnehmer, die es angeht. Die
Nichtbefolgung dieser Zeichen und Weisungen ist ordnungswidrig gemäß § 49 Abs.
3 Nr. 1 StVO, sofern die Verstöße zur Anzeige gebracht werden. Darüber hinaus
ist die Feuerwehr zum Zwecke der Verkehrsregelung zur Bedienung von
Lichtzeichenanlagen befugt.
Persönliche
Ausrüstung bei der Verkehrsregelung
Feuerwehrdienstleistende müssen bei der Ausübung der Verkehrsregelung
eine geeignete persönliche Schutzausrüstung tragen. Bei Einsätzen im
ungesicherten Bereich müssen Warnwesten nach EN ISO 20471 Klasse 2 getragen
werden, es sei denn, dass die Schutzausrüstung diese Anforderung bereits
erfüllt.
Haftung
Die gemeindlichen Feuerwehren sind gemäß § 8 NBrandSchG kommunale
Feuerwehren. Soweit Mitglieder der Feuerwehr im Rahmen ihrer Tätigkeit
hoheitliche Befugnisse – hier die Verkehrsregelung einer gemeindlichen
Veranstaltung - ausüben, haftet für ihr eventuelles pflichtwidriges Verhalten
die jeweilige Gemeinde. Bei Vorsatz oder großer Fahrlässigkeit bleibt der
Rückgriff vorbehalten, Art. 34 Satz 2 GG.
Freiwillige
Aufgabe
§ 2 Abs. 6 NBrandSchG räumt den Gemeinden ausdrücklich die Befugnis ein
(„kann“), die Verkehrsregelung durch die örtliche Feuerwehr wahrnehmen zu
lassen. Es handelt sich somit nicht um eine Pflichtaufgabe der kommunalen
Feuerwehren, wie Brandschutz oder Hilfeleistung gemäß § 2 Abs. 1 NBrandSchG,
sondern um eine freiwillige Aufgabe. Der Einsatz der Feuerwehr zur Sicherung
von Veranstaltungen ist an den Beschluss des Gemeinderates gebunden. Durch den
Gemeinderat kann nicht festgelegt werden, dass die ehrenamtlich
Feuerwehrdienstleistenden über Ihren Pflichtaufgabenbereich hinaus tätig werden
müssen. Andererseits ist es Aufgabe der zuständigen Ortsbrandmeisterin
oder des zuständigen Ortsbrandmeisters, zu prüfen, ob durch die Wahrnehmung der
freiwilligen Aufgabe die Wahrnehmung der Pflichtaufgaben der örtlichen Feuerwehr
gefährdet wäre und ob die Mitglieder der Feuerwehr bereit sind, die
entsprechende Aufgabe zu übernehmen. Die Wahrnehmung der Verkehrsregelung durch
die Feuerwehr muss daher intern zwischen der Gemeinde(verwaltung) und der
örtlichen Feuerwehr einvernehmlich abgestimmt werden. Ergibt die Abstimmung,
dass eine Absicherung der Veranstaltung nicht gewährleistet ist, kann dies der
Durchführung der Veranstaltung entgegenstehen.
Der Beschluss des Gemeinderats, ist nicht für jede einzelne
Veranstaltung erforderlich, sondern kann auch einmalig für alle gemeindlichen
Veranstaltungen gefällt werden. Die Gemeinde hat sicherzustellen, dass die
örtlich zuständige Polizeidienststelle über den Gemeinderatsbeschluss
informiert wird.
Ausbildung
Unter den Voraussetzungen des § 24 Satz 2 Nr. 1 NBrandSchG waren auch
bislang schon Eingriffe der Feuerwehr in den fließenden Verkehr zur Sicherung
des Einsatzortes vorgesehen. In der Truppmannausbildung Teil 1 und Teil 2
werden Grundkenntnisse für die Absicherung von Einsatzstellen im Verkehrsraum
vermittelt. Weitergehende Kenntnisse werden im Lehrgang „Technische
Hilfeleistung“ gemäß der Feuerwehrdienstvorschrift FwDV 2 grundlegend
behandelt. Zudem wird die Sicherung von Einsatzstellen gegen fließenden Verkehr
im Rahmen von Fortbildungen und Übungen regelmäßig trainiert. Über die hierbei
vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten hinaus sind zur Absicherung
gemeindlicher Veranstaltungen im Sinne von § 2 Abs. 6 NBrandSchG keine
gesonderten Ausbildungen notwendig. Empfehlenswert ist es dennoch, sich in
Vorbereitung des Absicherungseinsatzes mit den örtlichen Verhältnissen vertraut
zu machen, soweit nicht bereits bekannt.
Gebühren und
Auslagen
Da es sich bei der Verkehrsregelung durch die örtliche Feuerwehr gemäß §
2 Abs. 6 NBrandSchG um eine freiwillige Leistung handelt, können die Kommunen
hierfür gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 7 NBrandSchG Gebühren und Auslagen erheben. Zur
Entrichtung verpflichtet ist hierbei gemäß § 29 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 NBrandSchG,
wer den Auftrag für die freiwillige Leistung gegeben hat oder wer Interesse an
der freiwilligen Leistung gehabt hat.
Beschlussvorschlag:
Der
Rat der Samtgemeinde Oderwald wird gebeten, folgenden Grundsatzbeschluss zu
fassen:
- Zur Sicherung von gemeindlichen
Veranstaltungen können die Freiwilligen Feuerwehren der Samtgemeinde
Oderwald die Befugnisse für die Verkehrsregelung gemäß § 2 Abs. 6
NBrandSchG wahrnehmen, soweit hierfür Polizeivollzugskräfte
nicht oder nicht rechtzeitig ausreichend zur Verfügung stehen und die
Wahrnehmung der Aufgaben nach §
2 Abs. 1 NBrandSchG nicht gefährdet wird.
Produktsachkonto: Ergebnishaushalt Finanzhaushalt
xxxxx-xxxxx-xxxxxx xxxxx-xxxxx-xxxxxx
Mittel stehen zur Verfügung: ja/nein
Gesamtausgaben:
Jährliche Folgekosten:
Jährliche Abschreibungen: